
Zusammenfassung 7. Dialogue-Abend
Am 2. Juni fand der siebte Dialogue-Abend statt, lesen Sie hier unsere kurze Zusammenfassung:
Dialogue-Abend am 2. Juni «Psychische Gesundheit – Migration, ein Einflussfaktor unter anderen?» in Zusammenarbeit mit André Huegi von Berner Gesundheit.
Seit 2018 organisiert der Verein MULTIMONDO die Veranstaltungsreihe Dialogue, die an mehreren Abenden Menschen mit unterschiedlichen Biografien zur Diskussion und zum Austausch gesellschaftspolitischer Themen einlädt. Der zweite Dialogue-Abend des Jahres 2020 fand am 2. Juni zum Thema psychische Gesundheit statt. Wir sprachen insbesondere über Tabus und die verschiedenen Einflussfaktoren, darunter auch die Migration. André Huegi war unser Gast für diese Ausgabe. Wegen der Einschränkungen im Zusammenhang mit der Coronavirus-Pandemie fand auch dieser Abend als Videokonferenz statt. Insgesamt hatten 5 Personen das Vergnügen der Teilnahme.
Nach einer kurzen Vorstellung und Reflexionen der Teilnehmenden zur Frage «Was heisst für mich gesund sein» startete André Huegi mit einigen Definitionen und Fakten zu (psychischer) Gesundheit und Migration. Dabei wurde auch der Begriff «Gesundheit» etwas genauer analysiert: was umfasst Gesundheit genau? Ist es körperliches Wohlbefinden? Ist es psychisches Wohlbefinden? Ist es soziales Wohlergehen? Dabei kam auch zur Sprache, dass jede Person ihre eigene Definition von Gesundheit hat. Viele Menschen und in allen Kulturen berücksichtigen psychisches und soziales Wohlbefinden sowie Traumata nicht, wenn sie ihre eigene Gesundheit betrachten. Das Verständnis von Gesundheit ist häufig auf die Abwesenheit von Krankheit oder Gebrechen beschränkt. Wie André Huegi jedoch aufgezeigt hat, setzt sich Gesundheit aus einer Kombination von verschiedenen Faktoren zusammen, sowohl individueller als auch sozialer Art.
So hat häufig auch Migration resp. der Migrationsweg mit seinen verschiedenen Phasen, Einfluss auf die psychische Gesundheit einer Person. Sozioökonomische Unsicherheit, Sprachbarrieren oder Unsicherheit in Bezug auf Aufenthaltserlaubnis sind Elemente, die Menschen mit Migrationserfahrung einem erhöhten Gesundheitsrisiko aussetzen. Auch der politische und soziale Kontext des Wohnlandes und damit einhergehende Sicherheit oder Unsicherheit, wirkt sich auf das Leben der Menschen aus. So haben Bedingungen für eine Aufenthaltserlaubnis, Anerkennung (oder nicht) von Abschlüssen, Zugang zum Gesundheitssystem, wie auch das politische Regime (bspw. Achtung der Menschenrechte) einen hohen Einfluss auf die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden einer Person. Deshalb ist es unabdingbar die Gesundheits- und Präventionspolitik an den Realitäten von Menschen aus der Migration auszurichten. Der Zugang zu Informationen und Sensibilisierung trägt zur Risikominderung bei.
Zwei Faktoren sind für die Gesundheitsförderung besonders wichtig, wie André Huegi aufzeigt: Gesundheitskompetenzen und transkulturelle Kompetenzen. Die erste bezieht sich auf die Fähigkeit einer Person, täglich Entscheidungen zu treffen, die sich positiv auf ihre Gesundheit auswirken. Dies ist nicht ganz unproblematisch, da jede Person Gesundheit etwas anders versteht und gerade psychische Gesundheit für viele Menschen noch ein sehr abstrakter und nicht einfach zu fassender Begriff ist. Erschwerend kommt noch das Tabu hinzu, wie eine Teilnehmerin einwarf, dass psychische Gesundheit in vielen Kulturen umhüllt. Umso wichtiger wird daher der zweite Faktor, die transkulturellen Kompetenzen, um beispielsweise Gesundheitskompetenzen vermitteln zu können. Transkulturelle Kompetenz wird definiert als die Fähigkeit, individuelle Lebenswelten zu erkennen, zu verstehen und die gegebene Situation und den Kontext zu berücksichtigen, um daraus geeignete Handlungsoptionen abzuleiten. Sie ermöglicht es Konditionierungen und Vorurteile zu reflektieren, die aus den eigenen Erfahrungen und der eigenen Lebenswelt entstehen und die Perspektive anderer einzunehmen sowie Kulturalisierung und Stereotypisierungen zu vermeiden. Gerade für Gesundheitspersonal, aber nicht nur, ist transkulturelle Kompetenz eine unabdingbare Fähigkeit.
Der Abend verdeutlichte einmal mehr, wie komplex das Thema Gesundheit und insbesondere psychische Gesundheit ist. Tabus, transkulturelle Fähigkeiten, individuelle und soziale Faktoren, Migrationswege sind einige der Aspekte, die es zu berücksichtigen gilt, um andere besser verstehen zu können. Wir haben auch gesehen, welche verschiedenen Realitäten und auch Herausforderungen für das Individuum aus dem Migrationsprozess entstehen, wie wichtig es ist, dass Fachpersonen, aber auch die Bevölkerung im Allgemeinen, ein Bewusstsein dafür haben und dass wir einander zuhören und das Selbstverständnis sowie auch das Verständnis von anderen stärken.
Dialogue wird unterstützt durch die Stiftung fondia.